Im ersten Teil zum Thema Angst bei Hunden habe ich über einige meiner Gedanken und Erlebnisse zu diesem Thema erzählt.
Dabei war ich zum großen Teil des Berichtes darum bemüht Antworten auf beispielsweise folgende Fragen zu geben:
- Wie äußert sich Angst bei Hunden?
- Was ist eigentlich Angst?
- Wie können wir mit Ängsten bei Hunden umgehen lernen?
- Und können Ängste von Hunden auch etwas mit Ängsten ihrer Menschen zu tun?
- usw.
Das Thema Angst bei Hunden hat sehr viele Aspekte.
So wie das Thema Angst allgemein viele verschiedene und „interessante“ Facetten – auch in der Menschenwelt – hat.
Meine Berichte über solch facettenreiche Themen entstehen oft aus einem aktuell bzw. zeitnah erlebten Geschehen heraus.
Basis für meine Berichte, insbesondere hier über die Angst bei Hunden oder der Angst der Menschen um ihre Hunde, ist also immer mein eigenes Erfahren, Erleben, Empfinden und meine eigene individuelle Wahrnehmung.
Jeden Tag bin ich mehrmals mit meinen Hunden draußen unterwegs. Schaue ihnen zu, erlebe immer wieder neue Zeichen der innigen Freundschaft zwischen den Beiden. Und hänge dabei auch gerne meinen eigenen Tagträumen nach.
Dennoch bleibe ich in meiner Wahrnehmung, weil ich darin geübt bin und daraus sehr viel lernen kann und möchte. Auch über die Angst bei Hunden – und über meine eigenen Ängste.
Über einige meiner Erlebnisse und Erfahrungen während dieser Spaziergänge mit den Hunden habe ich im ersten Teil zu dem Thema erzählt.
Heute geht es um zwei besondere Begegnungen, die ich zusammen mit meiner Labradorhündin Emma hatte.
Emma ist inzwischen fast 4 Jahre.
Unsere Begegnung vor einigen Wochen mit einem sehr kleinen und anfänglich sehr ängstlichen Hund war so schön, dass ich unbedingt davon erzählen möchte.
Emma ist eine stattliche und kräftige Labradorhündin. Sie wiegt ca. 26-27kg.
Als wir also diesem kleinen zarten und extrem schreckhaften Wesen mit geschätzten 4-7kg begegneten, ist der Unterschied nicht nur in körperlicher Hinsicht ziemlich groß gewesen. Sondern ganz offensichtlich auch im Wesen, Verhalten und Handeln der Hunde.
Aus meiner Erinnerung an diese schöne Begegnung erzählt.
Emma ist angeleint, sie steht da und schaut den kleinen Hund, der ebenso angeleint mit seinem Besitzer wenige Meter vor uns steht, aufmerksam an. Emmas Wedeln ist nicht aufgeregt, sondern ganz weich, freundlich und friedlich. Damit signalisiert sie ihre Bereitschaft für eine wohlwollende Begrüßung (Beider – sowohl Hund als auch Besitzer) und ihr freudvolles Interesse an einem ersten Kennenlernen.
Emma begrüßt am liebsten immer ALLE.
Als der Besitzer die große Angst des kleinen Hundes artikuliert, fühle ich das Entstehen einer Anspannung bei Emma und weil sie eine Zentralhündin ist und ich ihr vertraue, entferne ich die Leine. Die Anspannung bei Emma löst sich, als sie freudig auf den kleinen Hund zuspringt und ihn spielerisch begrüßen will.
Kein guter Einstieg für den Kleinen, denken wir Menschen, denn er bekommt Angst und versucht zu fliehen, was dadurch, dass er angeleint ist, natürlich nicht klappen kann.
Frei sein geht aber auch nicht, da das Risiko zu groß ist, dass der kleine Hund blindlings wegläuft und in Gefahr geraten könnte.
In solchen Momenten wünschte ich mir einen großen Garten, mit viel Platz und Auslauf. Einen Garten, der zur Sicherheit der Hunde, die darin laufen, von einem Zaun umgeben. Ausbruchsicher sozusagen. Wo die Hunde vollkommen frei wären und sich in Ruhe und der für sie benötigten angemessenen Zeit kennenlernen könnten.
Anmerkung von mir
Weil ich weiß, wie lieb, freundlich und friedlich Emma mit anderen Hunden, insbesondere auch mit sehr kleinen und zierlichen Hunden umgeht, lasse ich sie zunächst kurz gewähren und unterhalte mich mit dem Besitzer der kleinen Hündin.
Ich nehme wahr, dass die kleine Hündin, die sehr aufgeweckte Augen und ungewöhnlich große Ohren hat, Alles sieht, Alles hört und großes Interesse an Emma bekundet. Sie ist sehr neugierig, möchte eigentlich gerne „kontakten“ (hebt immer wieder die Nase in Richtung Emma und schnüffelt in die Luft), hat aber große Angst!
Es sind nicht unbedingt laute Geräusche, sondern eher die Bewegungen anderer Hunde und Menschen, die die kleine Hündin sehr in Unruhe versetzen. Immer wieder sucht sie Schutz hinter ihrem Menschen.
Durch die große Angst und extreme Schreckhaftigkeit der kleinen Hündin (sie hat auch eine stark eingeklemmte Rute) ist sie pendelnd zwischen „Flüchten wollen“ und „Erstarren“ in einem Zustand gefangen, der sie verständlicherweise an der Kontaktaufnahme zu Emma und dem Nachgeben ihrer Neugierde, hindert.
Deshalb nehme ich Emma wieder an die Leine und frage den Hundebesitzer, ob wir ein kleines Stück Weg gemeinsam gehen wollen. So setzen wir gemeinsam den Weg fort. Und in der Bewegung lockert sich die eingeklemmte angespannte Rute der kleinen Hündin immer mehr.
Emma schnuffelt des Weges, der kleine Hund beginnt Gras zu fressen. „Gras fressen“ kann bei Hunden dem „Druckabbau“ (durch Kauen) in Konfliktsituationen dienen.
Bei meiner hellen Labradorhündin Mina beobachte ich diese Art des „Gras fressen“ auch hin und wieder.
Es ist dann die Art und Weise, wie Mina gierig und vehement in die Grashalme beißt und sie büschelweise ausreißt, um sie hastig zu „mampfen“ bzw. „in sich hinein zu stopfen“. Mina hustet und verschluckt sich manchmal und wirkt dabei sehr aufgeregt, fast aufgebracht. Das Kauen ähnelt in der Heftigkeit einer Aktion zum Frustabbau. Sie baut damit ihren inneren Druck, ihre Aufregung und Frust ab.
Im Gegensatz zu dieser hastigen und vehementen Art gibt es das „Gras fressen“ zur Magenreinigung, welches mit genüsslich ruhigem Grasen einhergeht.
Doch zurück zu Emma & der kleinen Hündin.
Die kleine Hündin, der ich und Emma an diesem Morgen begegneten, biss auch eher aufgeregt in das Gras. Sie musste offensichtlich Druck abbauen.
Auch durch Bewegung, beispielsweise ein schnelles Laufen wäre es möglich gewesen, diesen Druck abzubauen, doch durch die kurze Leine war das ja – in völliger Freiheit – nicht möglich.
Während mir der Besitzer etwas über die kleine Hündin erzählte, beobachtete ich die beiden Hunde.
Die Angst und Schreckhaftigkeit bei dem kleinen Hund war immer noch sichtbar und spürbar, ließ aber stetig nach. Emma war einfach nur noch da.
Ich staune immer wieder, wie Hunde ihre Artgenossen genau beobachten und wahrnehmen, wer da ihr Gegenüber ist. Eine ganze Weile waren die Hunde damit beschäftigt am Wegrand zu schnüffeln, wobei die kleine Hündin nie ganz entspannte.
Sie blieb in einer Art von Hab-Acht-Stellung und behielt Emma sehr genau im Blick.
Als wir dann bei zwei anderen Spaziergängern mit Hund zusammen gekonnt ausgewichen sind, schloss sich die kleine Hündin uns mit aufrechter Rute an. Sie fasste Vertrauen.
Es war eine große Freude, zu erleben, dass sie sich zunehmend entspannte, sogar ein Mal von selbst Kontakt und eine zarte Berührung zu Emma aufnahm und sich auch mir annäherte und an meine Hand stupste.
Die zweite Begegnung, die ich zusammen mit Emma hatte, war auch eine sehr große Freude für mich!
Da trafen ich und Emma eine eineinhalbjährige Labradorhündin mit ihren beiden Besitzern.
Emma war begeistert und hocherfreut. Bereits am Tag zuvor hatte sie Bekanntschaft mit der jungen Labradorhündin gemacht, als sie mit einem anderen Familienmitglied unterwegs war. Und Freundschaft geschlossen.
Diese Hündin ist völlig angstfrei und fröhlich. Sie ruht in sich, ist freundlich, friedfertig und verspielt. Sie hat ihr Spielzeug (einen Ball an einem Stück Seil) mit Emma geteilt, wie das Freunde eben so machen.
Beide Hunde haben sich sofort wieder miteinander beschäftigt, sind gelaufen, führten Verhandlungen über das Spielzeug, waren sozusagen ins Gespräch vertieft. Emma hat sich in ihrem Wohlgefühl sogar im Gras gewälzt.
Diesen beiden Hunden zuzusehen, hat mir ganz große Freude bereitet!
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